Für Ölheizungen gibt es diese Forderung und Umsetzungspläne schon seit längerem. Doch ein Ausstieg aus dem Gas ist neu. Der Plan für das neue Gesetz sieht vor, bereits ab 2024 auch die Erneuerung von alten oder defekten Gasgeräten zu verbieten oder eine 65%ige Nutzung von regenerativer Energie nachzuweisen. Das ist so gut wie undurchführbar. Eine Neuorientierung ist bitter nötig, doch nicht so.
Eins vorab:
Der Schornsteinfegermeister ist eins unser wichtigsten Kontrollorgane. Seine Arbeit ist äußerst wichtig, denn es gibt in unserem Gewerk genug schwarze Schafe, die lieber vor der Heizung warten, als diese zu warten, und auch viele Eigentümer, die gerne auf die Wartung verzichten würden. Ohne ihn wäre die Sicherheit in vielen Gebäuden nicht mehr gegeben.
Trotzdem souffliert der Schornsteinfeger vielen seiner Kunden, dass sie doch eine hochwertige Heizung haben - und das sogar bei Geräten, die mittlerweile 30 Jahre und älter sind. Schuld daran ist nicht er selbst, sondern wieder mal der Gesetzgeber. Was ist der Hintergrund?
Zum einen misst der Schornsteinfeger nur den feuerungstechnischen Wirkungsgrad, also alles das, was in der Flamme bzw. im Brennraum passiert. Das ist für die Abgasüberwachung sehr wichtig, sagt aber über den Zustand des Heizkessels und der Anlage so gut wie gar nichts aus. Denn was danach passiert, wird nicht erfasst. Und so hört der Kunde, dass sein Gaskessel einen Wirkungsgrad von 94% hat. Das ist ein tolles Ergebnis, wenn man von den 100% Heizwert des Brennstoffes ausgeht. Doch hier beginnt die Mogelei.
Denn der wahre Energiegehalt des Brennstoffes ist nicht der Heizwert, sondern der Brennwert. Und dieser liegt bedeutend höher, vor allem beim Erdgas wegen der chemischen Zusammensetzung um 11%. Beim Brennwert wird auch die Wärme berücksichtigt, die im bei der Verbrennung entstandenen Wasserdampf steckt. Diese Wärme kann in einem Brennwertkessel zusätzlich genutzt werden und steigert den Wirkungsgrad solcher Geräte auf bis zu 107%, je nach Kondensationsgrad. Eigentlich ist ein solcher Wirkungsgrad technisch unmöglich, das klingt eher nach Perpetuum mobile. Doch in Deutschland geht das, da man mit dem Heizwert rechnet. Bereinigt man die Rechnung und setzt den Brennwert mit 100% an, dann hat der 94%-Kessel auf einmal nur noch einen Wirkungsgrad von 85%, der Gasbrennwertkessel jedoch um die 95%.
Vor ca. 25 Jahren begann sich die Brennwerttechnik vom Exoten zum flächendeckenden Standardgerät zu entwickeln. 2009 wurde die Umrüstung durch eine Abwrackprämie massiv gefördert, mittlerweile sind solche Geräte fast überall Pflicht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre eine Reform bei der Messmethode angebracht gewesen, um den schlechten (feuerungstechnischen) Wirkungsgrad der Altgeräte besser darstellen und einen Austausch forcieren zu können.
Zum anderen kann der Schornsteinfeger mit seiner Messmethode die Kessel- und Anlagenverluste überhaupt nicht erfassen. Und diese sind gewaltig. Vor allem bei althergebrachten atmosphärischen Gaskesseln sind die Verluste extrem. Die Kessel werden laufend mit Frischluft durchspült, weil sie meist einen offenen Anschluss zum Schornstein haben. Dadurch kühlt der Kesselkörper im Stillstand sehr schnell ab. Und da diese Kessel massiv gebaut sind und auch einen sehr großen Wasserinhalt haben, geht viel Energie verloren. Das ist im Sommer am schlimmsten, weil da nur Warmwasser bereitet wird. In den Stillstandsphasen kann es dazu kommen, dass der gesamte Kessel von 80°C auf Raumtemperatur abkühlt. Und beim nächsten Start heizt er sich wieder auf 80°C auf, das mehrmals täglich. Ich habe Anlagen überrechnet, die im Sommer mit einem Wirkungsgrad von 60% gelaufen sind. Durch Wärmemengenzähler vor den Warmwasserspeichern und Ablesung der Gaszähler ist das sehr genau möglich.
Bei Brennwertgeräten wird durch geringen Wasserinhalt, leichte und kleine Wärmetauscher sowie gestoppte Luftzuführung dieser Verlust auf ein Minimum reduziert. Ein Kesseltausch bei größeren Anlagen hat sich manchmal schon nach 3 Jahren amortisiert.
Seit 30 Jahren verkaufen wir Brennwertgeräte und mussten dabei gegen wirklich starke Widerstände ankämpfen.
Mit ein paar kleinen Änderungen in Gesetzen und Vorschriften hätte man den Sachverhalt schon vor vielen Jahren weit mehr in den Focus der Verbraucher rücken können. Doch das wurde versäumt. Große Anteile daran hatten garantiert auch die großen Kesselhersteller, die erst sehr spät mit brauchbaren Brennwertgeräten auf den Markt gekommen sind.
Und somit stehen wir jetzt mit einem riesigen Bestand an ineffizienten Kesseln vor dem Problem der Gasknappheit und viel zu großem CO2-Ausstoß. Da hilft auch die gesetzliche Austauschpflicht für 30 Jahre alte Kessel nicht sehr viel, da diese nur für ungeregelte Standardkessel (die es zum Beispiel in den neuen Bundesländern so gut wie gar nicht gibt) gilt. Alle gleitend geregelten Niedertemperaturkessel sind davon nicht betroffen.
Übrigens ist das Bild nicht aus dem Museum. Diese Anlage ist genau in diesem (schon seit mindestens 10 Jahre bestehenden) Zustand noch immer in Kamenz im Betrieb. Mittlerweile hat der Eigentümer gewechselt und die neue Anlage ist in Planung.
Kleiner Scherz zum Schluss:
Wenn ein Heizkessel 4 Räder und ein eingebautes Radio hätte, gäbe es kaum Geräte älter als 10 Jahre.
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